Extended Range Guitars
Extended Range Guitars
Extended Range Guitars (ERGs) sind eine spezielle Kategorie von Gitarren, die sich durch eine größere Anzahl von Saiten und/oder eine längere Mensur (Scale Length) auszeichnen. Diese Instrumente ermöglichen es Musikern, ein breiteres Tonspektrum zu erreichen, als es mit traditionellen sechssaitigen Gitarren möglich wäre. ERGs haben in den vergangenen Jahrzehnten besonders in Genres wie Metal, Jazz, und Progressive Rock an Popularität gewonnen.
Inhalt
Geschichte der Extended Range Guitars
Die Entwicklung der ERGs ist eng mit den Bedürfnissen und kreativen Bestrebungen von Musikern verbunden, die nach neuen Möglichkeiten suchten, ihre musikalischen Ideen auszudrücken. Während die sechssaitige Gitarre seit dem 20. Jahrhundert das Standardinstrument in vielen Musikgenres war, begann die Suche nach einer größeren tonalen Vielfalt und erweiterten spieltechnischen Möglichkeiten.
Frühe Experimente und Innovationen
In den frühen 1980er-Jahren experimentierten Gitarrenbauer und Musiker mit der Idee, zusätzliche Saiten hinzuzufügen, um den Tonumfang der Gitarre zu erweitern. Diese Experimente führten zu den ersten Siebensaitern, die ursprünglich vorwiegend im Jazz verwendet wurden. Ein Pionier auf diesem Gebiet war der Jazzgitarrist George Van Eps, der eine siebensaitige Gitarre entwickelte, um tiefere Bassnoten zu erreichen, die mit der traditionellen sechssaitigen Gitarre nicht möglich waren.
Der Einfluss von Metal und Progressive Rock
In den 1990er-Jahren begann die siebensaitige Gitarre, in der Metal-Szene Fuß zu fassen. Gitarristen wie Steve Vai und Bands wie Korn und Dream Theater trugen wesentlich zur Popularität der Siebensaiter bei. Die zusätzliche Saite ermöglichte es ihnen, tiefere und schwerere Riffs zu spielen, die für den Metal charakteristisch wurden.
Mit der Zeit wurden auch achtsaitige Gitarren populär, besonders durch Bands wie Meshuggah, die dafür bekannt sind, komplexe Rhythmen und tiefe, aggressive Sounds zu verwenden. Diese Entwicklungen führten zu einem wachsenden Interesse an Gitarren mit noch mehr Saiten und einer längeren Mensur, um die Spannung und Intonation der tieferen Saiten zu verbessern.
Bauweise und Design von Extended Range Guitars
ERGs unterscheiden sich von traditionellen Gitarren durch verschiedene Konstruktionsmerkmale, die speziell darauf ausgelegt sind, den erweiterten Tonumfang und die zusätzlichen Saiten zu unterstützen.
Saitenanzahl und Mensur
Die häufigsten ERGs sind Sieben-, Acht- und Neunsaiter, obwohl es auch Gitarren mit noch mehr Saiten gibt. Die zusätzlichen Saiten erweitern den Tonumfang sowohl nach unten (tiefe Bassnoten) als auch nach oben (höhere Melodien und Harmonien).
Eine längere Mensur ist oft notwendig, um die tiefen Saiten auf eine Spannung zu bringen, die sowohl eine gute Intonation als auch ein angenehmes Spielgefühl ermöglicht. Beispielsweise hat eine typische sechssaitige Gitarre eine Mensur von etwa 25,5 Zoll (64,77 cm), während eine achtsaitige Gitarre eine Mensur von 27 Zoll (68,58 cm) oder mehr haben kann.
Konstruktion und Materialien
Die Konstruktion von ERGs erfordert besondere Aufmerksamkeit auf Stabilität und Spielbarkeit. Verstärkte Hälse und Griffbretter aus härteren Hölzern oder Verbundmaterialien sind üblich, um die erhöhte Spannung der zusätzlichen Saiten zu tragen. Auch die Wahl der Tonabnehmer ist entscheidend, da sie in der Lage sein müssen, die breitere Frequenzpalette präzise wiederzugeben.
Ergonomische Anpassungen
Da ERGs oft eine breitere Griffbrettbreite und eine größere Mensur haben, sind ergonomische Anpassungen wichtig, um das Spielgefühl zu verbessern. Viele ERGs verfügen über abgerundete Griffbrettkanten, tiefere Cutaways und konturierte Korpusse, um das Spielkomfort trotz der größeren Abmessungen zu gewährleisten.
Klangliche Möglichkeiten und Anwendung
ERGs bieten eine Vielzahl von klanglichen Möglichkeiten, die weit über die einer traditionellen sechssaitigen Gitarre hinausgehen. Dies macht sie besonders attraktiv für experimentelle Musiker und solche, die nach neuen Wegen suchen, ihre musikalische Vision zu verwirklichen.
Tiefere Töne und erweiterter Tonumfang
Die zusätzlichen Saiten und die längere Mensur ermöglichen es Musikern, tiefere Töne zu erreichen, was besonders im Metal und anderen heavy Genres geschätzt wird. Die tiefen Töne können kraftvolle, basslastige Riffs erzeugen, die dem Sound mehr Gewicht und Präsenz verleihen.
Vielseitigkeit in der Harmonisierung und Melodie
Neben den tieferen Tönen bieten ERGs auch erweiterte Möglichkeiten in der Harmonisierung und Melodieführung. Jazz- und Progressive-Rock-Gitarristen nutzen die zusätzlichen Saiten, um komplexere Akkorde und ungewöhnliche Voicings zu spielen, die auf einer traditionellen Gitarre schwer oder gar nicht erreichbar wären.
Spieltechniken und Innovationen
ERGs haben auch zur Entwicklung neuer Spieltechniken beigetragen. Beispielsweise wird der „tapping“ Stil, bei dem beide Hände auf dem Griffbrett spielen, durch die erweiterte Reichweite und die zusätzlichen Saiten noch vielseitiger. Musiker können komplexere und ausdrucksstärkere Stücke kreieren, indem sie diese Techniken nutzen.
Herausforderungen und Überlegungen beim Spielen von ERGs
Während ERGs viele Vorteile bieten, bringen sie auch einige Herausforderungen mit sich, die sowohl bei der Auswahl als auch beim Spielen dieser Instrumente berücksichtigt werden müssen.
Anpassung und Lernkurve
Für Gitarristen, die an sechssaitige Instrumente gewöhnt sind, kann die Umstellung auf eine ERG eine gewisse Eingewöhnungszeit erfordern. Die breitere Griffbrettbreite und die zusätzliche Saite(n) können anfangs ungewohnt sein und erfordern Anpassungen in der Hand- und Fingerhaltung.
Technische Herausforderungen
Die zusätzlichen Saiten und die größere Mensur können auch technische Herausforderungen mit sich bringen. Die Einstellung der Intonation und der Saitenspannung ist kritischer, da jede Saite eine bestimmte Spannung benötigt, um sauber und präzise zu klingen. Gitarristen müssen möglicherweise mehr Zeit in die Feinabstimmung und Wartung ihrer Instrumente investieren.
Verfügbarkeit von Zubehör und Verstärkung
Die Verfügbarkeit von Zubehör wie Saiten und Tonabnehmern, die speziell für ERGs ausgelegt sind, kann variieren. Gitarristen müssen sicherstellen, dass sie geeignete Komponenten verwenden, um den vollen Nutzen aus ihrem Instrument zu ziehen. Auch die Verstärkung und Signalverarbeitung muss angepasst werden, um die breitere Frequenzpalette der ERG angemessen wiederzugeben.
Zukunft und Entwicklung von Extended Range Guitars
Die Popularität und Akzeptanz von ERGs wächst weiter, da immer mehr Musiker die Vorteile dieser Instrumente erkennen und nutzen. Die ständige Weiterentwicklung der Technik und die Anpassung an die Bedürfnisse der Musiker treiben die Innovation in diesem Bereich voran.
Technologische Fortschritte
Mit den Fortschritten in der Technologie, insbesondere in der Tonabnehmer- und Verstärkertechnologie, werden ERGs immer zugänglicher und vielseitiger. Digitale Signalverarbeitung und Modeling-Technologien ermöglichen es Musikern, eine breite Palette von Klängen und Effekten zu nutzen, die speziell für die erweiterten Frequenzbereiche von ERGs optimiert sind.
Erweiterte Anwendungen und Genres
Während ERGs ihren Ursprung hauptsächlich im Metal und Jazz haben, finden sie zunehmend Anwendung in einer Vielzahl von Musikgenres, darunter klassische Musik, experimentelle Musik und sogar Pop. Diese Instrumente ermöglichen Künstlern, neue Klanglandschaften zu erkunden und traditionelle Musikformen zu erweitern.
Einfluss auf die Musikkultur
Die Verbreitung von ERGs hat auch einen kulturellen Einfluss, da sie die Art und Weise, wie Gitarrenmusik komponiert und gespielt wird, verändern. Sie inspirieren eine neue Generation von Gitarristen, die die Grenzen des traditionellen Gitarrenspiels überschreiten und neue musikalische Horizonte erkunden möchten.
Fazit: Extended Range Guitars
Extended Range Guitars sind mehr als nur eine Erweiterung der traditionellen Gitarre; sie repräsentieren eine Revolution in der Art und Weise, wie Musik komponiert, gespielt und wahrgenommen wird. Durch die Erweiterung des tonalen und technischen Spektrums bieten sie Musikern unendliche Möglichkeiten, ihre Kreativität auszudrücken und neue klangliche Welten zu erschließen. Während sie einige Herausforderungen mit sich bringen, überwiegen die Vorteile für diejenigen, die bereit sind, diese Instrumente zu meistern und die neuen Möglichkeiten, die sie bieten, zu erkunden.
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