Comping Gitarre
Comping
Comping, kurz für „Accompanying“ (Begleiten), ist eine wichtige Technik und Kunstform im Gitarrenspiel, die insbesondere im Jazz, aber auch in vielen anderen Musikgenres Anwendung findet. Diese Technik beinhaltet die kreative Verwendung von Akkorden, Rhythmen und Voicings, um Solisten oder Sänger zu unterstützen.
Inhalt
Was ist Comping?
Comping bezeichnet die harmonische und rhythmische Begleitung eines Solisten oder Ensembles. Der Begriff leitet sich vom englischen Wort „accompany“ ab, was „begleiten“ bedeutet. Beim Comping auf der Gitarre geht es darum, eine unterstützende Rolle zu übernehmen, die dem Solisten oder der Melodie Raum lässt, während gleichzeitig eine harmonische und rhythmische Struktur geschaffen wird.
Historische Entwicklung des Compings
Die Technik des Compings hat eine lange Geschichte, die eng mit der Entwicklung des Jazz und anderer improvisierter Musikstile verbunden ist:
- Früher Jazz und Swing (1920er-1940er Jahre): In den frühen Tagen des Jazz wurde die Gitarre oft als Rhythmusinstrument eingesetzt, das Akkorde in einem regelmäßigen, oft marschartigen Rhythmus spielte. Musiker wie Freddie Green von der Count Basie Big Band entwickelten den klassischen „Four-on-the-floor“-Stil, bei dem jede Viertelnote eines 4/4-Taktes mit einem Akkord gespielt wurde.
- Bebop und Post-Bop (1940er-1960er Jahre): Mit dem Aufkommen des Bebop wurde das Comping komplexer und harmonisch interessanter. Gitarristen wie Charlie Christian und Barney Kessel brachten neue Akkordvoicings und rhythmische Variationen in das Spiel. Das Comping wurde interaktiver, mit häufigen rhythmischen Akzentuierungen und harmonischen Substitutionen.
- Modern Jazz und Fusion (1970er-Jahre bis heute): Im modernen Jazz und der Fusion-Musik hat das Comping noch mehr an Komplexität und Vielfalt gewonnen. Gitarristen wie John McLaughlin und Pat Metheny haben Techniken aus verschiedenen Musikstilen integriert, um reichhaltige und dynamische Begleitungen zu schaffen. Elektronische Effekte und erweitertes harmonisches Vokabular haben das Spektrum des Compings erweitert.
Grundlegende Techniken des Compings auf der Gitarre
Comping auf der Gitarre umfasst eine Vielzahl von Techniken, die harmonische, rhythmische und dynamische Aspekte berücksichtigen. Hier sind einige grundlegende Techniken:
Akkordvoicings:
- Drop-2 und Drop-3 Voicings: Diese Voicings verlagern bestimmte Töne eines Akkords eine Oktave tiefer, um einen offeneren Klang zu erzeugen.
- Quartale Voicings: Akkorde, die auf Intervallen von Quarten statt Terzen basieren, bieten moderne, dissonante Klänge.
- Guide-Tone Voicings: Diese minimalen Voicings enthalten nur die wesentlichen Töne eines Akkords, oft die Terz und die Septime.
Rhythmische Konzepte:
- Swing-Rhythmus: Ein ungleichmäßiger Rhythmus, bei dem die Achtelnoten in einem „long-short“-Muster gespielt werden.
- Syncopation: Das Akzentuieren von normalerweise unbetonten Schlägen oder Teilen eines Taktes.
- Polyrhythmen: Die Überlagerung unterschiedlicher rhythmischer Muster, um komplexe Rhythmen zu erzeugen.
Dynamik und Artikulation:
- Staccato: Kurze, abgehackte Noten, die eine rhythmische Prägnanz schaffen.
- Legato: Glatte, miteinander verbundene Noten, die ein fließendes Gefühl vermitteln.
- Palm Muting: Das Dämpfen der Saiten mit der Handfläche, um einen perkussiven Klang zu erzeugen.
Harmonische Substitutionen:
- Tritonus-Substitution: Der Austausch eines Dominantseptakkords durch einen anderen Akkord, der einen Tritonus entfernt liegt, um zusätzliche harmonische Spannung zu erzeugen.
- Erweiterte und alterierte Akkorde: Die Verwendung von Akkorden mit zusätzlichen oder veränderten Tönen, wie b9, #11 oder 13.
Stile und Anwendungen des Compings
Comping kann in verschiedenen Musikstilen und Kontexten unterschiedlich angewendet werden. Hier sind einige Beispiele:
- Jazz: Im Jazz ist das Comping oft interaktiv und dialogisch. Der Gitarrist reagiert auf den Solisten und die Rhythmusgruppe, indem er rhythmische und harmonische Akzente setzt. Beispiele für Comping im Jazz finden sich bei Gitarristen wie Wes Montgomery, Joe Pass und Jim Hall.
- Blues: Beim Blues-Comping werden oft einfache, aber ausdrucksstarke Akkordfolgen verwendet. Der Rhythmus ist meist gleichmäßig und stützt sich stark auf den 12-Takt-Blues. Gitarristen wie B.B. King und Stevie Ray Vaughan haben das Blues-Comping maßgeblich geprägt.
- Rock und Pop: Im Rock und Pop ist das Comping oft weniger komplex als im Jazz, aber nicht minder wichtig. Powerchords und einfache Voicings dominieren hier. Gitarristen wie Keith Richards und John Lennon haben ikonische Comping-Patterns in ihre Songs integriert.
- Funk: Funk-Comping zeichnet sich durch kurze, prägnante Akkorde und rhythmische Präzision aus. Der Fokus liegt auf dem Groove und der Tanzbarkeit. Gitarristen wie Nile Rodgers und James Brown’s Gitarristen haben den Funk-Comping-Stil geprägt.
Praktische Tipps für Gitarristen
Comping ist eine Kunst, die Übung und Aufmerksamkeit erfordert. Hier sind einige praktische Tipps, um Ihre Comping-Fähigkeiten zu verbessern:
- Hörtraining: Hören Sie aufmerksam auf Aufnahmen von Meistern des Compings. Analysieren Sie ihre Techniken und versuchen Sie, diese nachzuspielen. Achten Sie auf die Interaktion zwischen dem Gitarristen und den anderen Musikern.
- Technikübungen: Üben Sie verschiedene Akkordvoicings und rhythmische Muster. Wechseln Sie zwischen Stilen, um Ihre Flexibilität zu erhöhen. Nutzen Sie ein Metronom, um Ihr Timing zu verbessern und sicherzustellen, dass Sie präzise im Takt bleiben.
- Repertoireerweiterung: Lernen Sie Songs aus verschiedenen Musikstilen, um Ihr harmonisches und rhythmisches Vokabular zu erweitern. Versuchen Sie, bekannte Songs auf verschiedene Arten zu compen, um kreative Lösungen zu finden.
- Interaktive Übung: Spielen Sie mit anderen Musikern zusammen. Achten Sie darauf, wie Sie Ihr Comping anpassen, um den Solisten zu unterstützen und nicht zu überlagern. Experimentieren Sie mit Dynamik und Artikulation, um Ihrem Spiel mehr Ausdruck zu verleihen.
- Transkription: Transkribieren Sie Comping-Parts von Aufnahmen. Schreiben Sie die Akkorde und Rhythmen auf und analysieren Sie deren Struktur. Spielen Sie die transkribierten Teile nach und variieren Sie sie, um eigene Ideen zu entwickeln.
Beispiele für effektives Comping
Um die Konzepte des Compings zu veranschaulichen, betrachten wir einige bekannte Beispiele aus der Musikgeschichte:
- „Freddie Green Style“: Freddie Green, Gitarrist der Count Basie Big Band, war bekannt für seinen minimalistischen, aber äußerst effektiven Comping-Stil. Er spielte oft einfache Dreiklänge auf den tiefen Saiten der Gitarre, um eine solide rhythmische Grundlage zu schaffen.
- Wes Montgomery: Wes Montgomery verwendete oft Akkorde in seiner Solospielweise. Sein Comping war reich an Voicings und rhythmischen Variationen, die seine Soli unterstützten und bereicherten.
- Joe Pass: Joe Pass war ein Meister des Solospiels und des Compings. Er kombinierte fließende Linien mit dichten Akkordvoicings, um ein vollständiges harmonisches Bild zu erzeugen.
- Nile Rodgers: Nile Rodgers‘ Comping in Songs wie „Le Freak“ von Chic ist ein Paradebeispiel für funkiges Gitarrenspiel. Seine prägnanten, rhythmischen Akkorde sind unverkennbar und tragen maßgeblich zum Groove des Songs bei.
Comping auf der Gitarre
Comping auf der Gitarre ist eine essenzielle Technik, die die Fähigkeit eines Gitarristen, harmonisch und rhythmisch zu begleiten, enorm bereichert. Es erfordert ein tiefes Verständnis von Akkorden, Rhythmen und musikalischer Interaktion. Durch das Studium der Techniken und Stile großer Gitarristen und durch regelmäßiges Üben können Gitarristen ihre Comping-Fähigkeiten verbessern und ihren eigenen, unverwechselbaren Stil entwickeln. Ob im Jazz, Blues, Rock oder Funk – effektives Comping macht den Unterschied und verleiht der Musik Tiefe und Dynamik.
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